Fu Ke Chinesische Frauenheilkunde

Teil 1: Physiologie und Diagnose in Fu Ke

Von den Patienten, die zu uns in die Praxis kommen, sind die meisten Frauen. Mal abgesehen von den Praxen, die überwiegend Schmerzbehandlungen durchführen, ist ein geschätzter Anteil von circa 80% weiblicher Patienten durchaus realistisch. Frauenspezifische Störungen und Krankheiten gehören damit zum Alltag eines jeden Behandlers. Die Frauenheilkunde ist somit ein wichtiges Gebiet, dass jeder Praktiker in groben Zügen beherrschen sollte.
Besonders Vertrauen einflößend für unsere weiblichen Patientinnen ist eine solide Grundlage in der Kenntnis weiblicher Physiologie und Pathologie sowohl aus schulmedizinischer als auch aus chinesischer Sicht. Aus chinesischer Perspektive gehören der Uterus, die außerordentlichen Meridiane, die Beziehung von Qi und Blut, die Zang Fu und das Zyklusgeschehen dazu. Bei jeder Anamnese sind Zeichen bei der Menstruation wichtige diagnostische Merkmale, die die Beziehung von Qi und Blut bei der Frau erkennen lassen.

Das Wesen des Blutes

Für eine grundlegende Betrachtung frauentypischer Krankheiten ist das Blut einer der wichtigsten diagnostischen Bausteine. In unserem Körper fließt das Blut in den Blutgefäßen wie das Wasser in zahlreichen Flüssen, die der Erde entspringen und sich ihren Weg zum Meer bahnen. Entsprechend den Meeren und großen Seen gibt es auch Sammelbecken des Blutes. Dazu gehören nach chinesischem Verständnis die Leber, die Gebärmutter („See des Blutes“) wie auch die außerordentliche Leitbahn Chong Mai (“Meer des Blutes“).

Blut entspricht in seiner Qualität von allen Energien im Körper am meisten den weiblichen Prinzipien. Es ist weich, anpassungsfähig und flüssig, es fließt in vorgegebene Formen hinein und ist von seiner Substanz her aufnehmend, nachgiebig, tief und gehaltvoll. Anders als Wasser oder andere Körpersäfte ist es dickflüssiger und natürlich sehr viel dunkler. Das macht seine rezeptive und ruhende Qualität aus. „Seiner Natur nach ist das Blut ruhig, was dem Yin entspricht. Doch seiner Bestimmung nach muss es sich bewegen, was dem Yang entspricht.“1 Yin und Yang gehören als Gegenspieler zusammen – dies ist eine kosmische Weisheit, die sich auch in den Qualitäten des Blutes wiederfindet.

Obwohl das Blut eine Yin-Substanz ist, beinhaltet es auch Anteile von Qi und Yang. Erst die verschiedenen energetischen Komponenten machen das Blut zu dem wichtigsten Baustoff der Frau. Nur in diesen Verbindungen ist das Blut fähig, seine Funktionen zu erfüllen: Es ernährt unseren Körper und alle Organe, befeuchtet und benetzt die Haut, Schleimhäute und alle Gewebe und zirkuliert entgegen der Schwerkraft durch unseren Körper.
In unserem Blut sind also sämtliche Energieaspekte unseres Körpers enthalten: Yin, Yang, Qi, Essenz – und Blut. Üblicherweise betrachten wir das Blut anatomisch als Summe von geformten (Blutkörperchen) und ungeformten, wässrigen Anteilen (Blutplasma). Das, was die Chinesen als das Blut im Blut bezeichnen, bezieht sich auf die festen Anteile, also die Blutkörperchen. Die Flüssigkeiten, westlich betrachtet das Blutplasma, werden dem Yin und damit ebenfalls den mehr substantiellen Energien zugeordnet. Diese Flüssigkeiten sind die reinsten Anteile im unserem Blut.

Das Blut und die Flüssigkeiten, die man auch als Säfte bezeichnen kann, entspringen der gleichen Quelle und fließen in geordneten Bahnen durch unseren Körper. Diese Bahnen umfassen jedoch nicht nur die Blutgefäße, sondern auch die energetischen Leitbahnen in unserem Körper.

Stellen Sie sich einen Fluss vor, der in den geregelten Bahnen seines Flussbettes fließt. Das Wasser dieses Flusses würde in unserem Bild den Flüssigkeiten entsprechen und die im Fluss schwimmenden festen Bestandteile wie Sandkörner und Nährstoffe dem Blut. Das Flussbett selbst stellt das Röhrensystem – die Leitbahnen oder Blutgefäße dar. Die Bewegung des Flusses, sein Gurgeln, Plätschern und Rauschen, und seine Temperatur entsprechen dabei dem Qi und dem Yang.

Qi und Yang im Blut

Ohne den Einfluss von Qi würde sich das Blut nicht bewegen. Wir hätten zwar einen Stoff, er würde jedoch stagnieren und wäre damit ohne Leben. Unser Blut wäre wie eine Pfütze, die sich durch die Schwerkraft an der tiefsten Stelle unseres Körpers sammeln würde. Die Wärme unseres Lebenssaftes entspricht dem Yang im Blut. Die Qualität, ein lebendiges Transportmittel zu sein, erlangt das Blut dadurch, dass es das „Tor des Lebens“ in den Nieren passiert.
Die Bewegung und Fließfähigkeit des Blutes wird durch die Anwesenheit von Qi und Yang im Körper bestimmt. Haben wir zu wenig Qi, beginnt das Blut zu stagnieren. Es kann nicht mehr frei fließen, und dies zeigt sich häufig in unserem weiblichen Organismus als Schmerzen oder Klumpenbildung bei der Periodenblutung.

Qi ist Lebensenergie, die dem Yang und damit mehr dem männlichen Prinzip zugeordnet ist. Sie ist eine aktive Energie, deren Kraft – bewegen, umwandeln, halten, schützen und wärmen – alle aktiven Körperfunktionen aufrechterhält. Ähnlich wie der Wind, der die Blätter eines Baumes bewegt und dabei nicht sichtbar ist, ist auch das Qi nicht mit dem Auge wahrnehmbar. Nur an seiner Wirkung können wir seine Kraft erkennen. Wir können aber das Qi als Energie und Kraft in uns spüren, so wie wir auch den Wind spüren können, wenn wir uns an die freie Luft stellen.
Qi braucht immer einen substantiellen Gegenspieler, auf den es einwirken kann, so wie der Wind zum Beispiel ein Blatt braucht, um seine Kraft auszudrücken. In unserem Körper sind die Substanzen, auf die das Qi einwirkt, das Blut und die Flüssigkeiten. Qi zirkuliert sie durch den Körper, hält sie in Bewegung und sorgt dafür, dass sie nicht aus dem Körper herausfallen. Damit sind das Qi und das Blut ähnlich wie Yin und Yang miteinander verbunden. Ohne die aktive Kraft der Energie Qi wären die substantiellen Energien ihrer Funktion beraubt. Die Chinesen sagen, dass Qi und Blut in folgendem Verhältnis zueinander stehen: „Das Qi ist der Herrscher und Erzeuger des Blutes – das Blut dagegen ist die Mutter des Qi.“ Das Qi regt die Bildung des Blutes an, indem es die blutbildenden Organe mit Energie versorgt.

Außerdem bewegt Qi das Blut durch den Körper. Das Blut wiederum ernährt das Qi. Anders als in der westlichen Medizin steht weniger die absolute Menge des Blutes, die sich durch die Anzahl der Blutkörperchen und die Viskosität errechnet, im Vordergrund, sondern immer die Beziehung von Qi und Blut oder von Yin und Yang. Dieses Verhältnis ist bestimmend für die Qualität unseres Blutes. Wenn diese beiden Pole nicht im Gleichgewicht sind, kann das Blut seine Funktionen nicht mehr erfüllen, und wir werden krank. So wird sichtbar, wie sehr diese jeweils polaren Kräfte in ihrem Wirken untrennbar miteinander verbunden sind. Yang ist Feuer und damit eine aktive und warme oder auch heiße Energie. In gleicher Weise entspricht Yin dem Wasser und ist kühl oder kalt.

Yang ist das Potential für alle Umwandlungsprozesse im Körper, denn ohne Wärme kann keine Umwandlung stattfinden. Das Yang verleiht dem Blut seine Wärme. Als wärmende Kraft ist es jedoch nicht nur im Blut vertreten, sondern auch in allen anderen Schichten unseres Organismus. Es soll den Körper wie auch das Blut vor dem Eindringen von Kälte bewahren, denn durch Kälte kann der Blutfluss gehemmt werden.

Sie alle wissen, was passiert, wenn Sie an kalten Wintertagen ohne Handschuhe nach draußen gehen. Zunächst bekommen Sie kalte und steife Hände, und je länger Sie sie der Kälte aussetzen, umso intensiver laufen die Hände blau an und lassen sich nur noch schwer bewegen. Was ist passiert? Das Blut in den Blutgefäßen ist kalt geworden und hat begonnen, seine Fließfähigkeit allmählich einzubüßen. Erst durch Wärme tauen die eiskalten Hände wieder auf und verlieren ihre unangenehme und schmerzhafte Steifigkeit.“

Die Gebärmutter – „See des Blutes“

In der modernen TCM steht der Uterus (Bao Gong 胞宫(宫)) verstärkt im Vordergrund der Betrachtung. Mit vielen unterschiedlichen Namen wie „Roter Palast“, „Palast des Kindes“, „Blutkammer“ oder „See des Blutes“ wird die Gebärmutter als wichtiges Organ gewürdigt. Als außerordentliches Organ vereinigt die Gebärmutter die Eigenschaften sowohl eines Zang als auch eines Fu-Organs in sich. Sie speichert entsprechend ihrer Rolle als Zang-Organ Essenz, Blut und den Fetus, und öffnet sich als Fu-Organ bei der Ovulation, um Spermien zu empfangen, wie auch bei Menstruation und Geburt. Damit öffnet und schließt sich die Gebärmutter zweimal im Monat.

Die anderen Fortpflanzungsorgane – wie die Eierstöcke mit den Eileitern sowie die Vagina mit dem Muttermund gehören aus chinesischer Sicht entweder mit zur Gebärmutter oder als endokrine Organe zur Niere. In manchen Epochen der chinesischen Medizin wurde die Gebärmutter als „kleines Herz“ bezeichnet. Der Zusammenhang ist nahe liegend: Beide Organe bestehen aus Muskelgewebe und sind insofern eng miteinander verwandt. Als „See des Blutes“ ist die Gebärmutter wie auch das Herz eng mit dem Blut verbunden. Zusätzlich besteht über die Wunderleitbahnen eine enge Beziehung vom Herzen der Frau zu ihrer Gebärmutter.

In der chinesischen Vorstellungswelt wird das Blut vom Herzen (dem „Herrscher des Blutes“) nach unten zur Gebärmutter geschickt – über den Wundermeridian Bao Mai. Von unten wird die Gebärmutter von der Niere mit Essenzen angereichert – über die so genannten Bao Luo. Die Niere versorgt die Gebärmutter dabei mit den reinsten Substanzen, die ihr zur Verfügung stehen. Außerdem erwärmt die Niere mit ihrer Feuerkraft den unteren Körperbereich und belebt auch damit die Gebärmutter. Ihre Feuerenergie macht alle Umwandlungen im Körper erst möglich und beeinflusst daher die Fruchtbarkeit einer Frau entscheidend mit.

Die drei Organe Herz, Niere und Gebärmutter bilden eine zentrale Achse, die primär unsere Fortpflanzungsfähigkeit kontrolliert. Diese chinesische Sicht eröffnet uns als Frauen einen völlig neuen Zugang zu unserem Unterleib. Die direkte Verbindung vom Uterus zum Herzen erklärt die intensive psychische Verbindung zwischen beiden Organen, die wir tagtäglich erfahren. Frauen öffnen sich einem neuen Partner meist erst dann sexuell, wenn sie sich verliebt haben und damit auch vom Herzen her hingeben können. Übermäßiger Stress, vor allem in der Partnerschaft, führt bei vielen Frauen zu Zyklusstörungen und Schmerzen bei der Periode.

Traumatische Erfahrungen wie Missbrauch oder auch tiefe Kränkungen wirken sich häufig regelrecht blockierend auf unseren Zyklus aus. Eine Patientin von mir, deren Blutung nach ihrer Scheidung sieben Jahre lang ausgeblieben war, begann in ihrer neuen Partnerschaft wieder zu bluten und brachte sogar noch zwei Kinder zur Welt. Liebe und inniger körperlicher Kontakt tragen wesentlich zu einer Entspannung und Regulation unseres Zyklus bei. Es ist nicht abwegig, wenn man das Herz von Frauen in ihren jüngeren Lebensjahren mehr „im Unterleib ansiedelt“.

Die außerordentlichen Meridiane

Der Uterus ist durch seine Sonderstellung weder mit den Zang Fu noch mit den regulären Leitbahnen verbunden, sondern unterliegt in seiner Versorgung den acht außerordentlichen Gefäßen – Qi Jing Ba Mai奇经八脉, dem Uterusgefäß – Bao Mai 胞脉 , und den Uterus-Verbindungsgefäßen – Bao Luo 胞络. Diese nehmen als Leitbahnen bei Bedarf Energien auf oder geben sie ab. Zu den für die Gynäkologie relevanten außerordentlichen Gefäßen gehören Chong Mai冲脉, Ren Mai 任脉 und Du Mai督脉 sowie der Dai Mai带脉. Der Chong Mai gilt als Meer des Blutes und der 12 Leitbahnen, der Ren Mai als Meer der Yin-Leitbahnen, der Du Mai als Meer der Yang-Leitbahnen.

Der Dai Mai als Gürtelgefäß vereinigt alle außerordentlichen Gefäße, reguliert die Verbindung von oben und unten sowie die der Flüssigkeiten und nimmt wie ein Gürtel haltende Funktionen ein. Der Chong Mai, überwiegend mit Blut Xue 血 gefüllt, nährt Uterus und Schwangerschaft. Nach einer Schwangerschaft führt der Chong Mai das Blut, das nun nicht mehr zur Nährung des Fötus benötigt wird, als Milch zu den Brüsten. Außerhalb von Schwangerschaft und Stillzeit speichert er vor der Menstruation das Blut. In diesen Funktionen wird der Chong Mai vom Ren Mai unterstützt.

In ihrer Wirkung auf die Menstruation sind die beiden aufs engste verbunden. Der Ren Mai, der mit Essenz Jing 精 und Qi 气angefüllt ist, bildet mit dem Chong Mai ein wichtiges Paar und spiegelt die Beziehung von Blut und Qi in der Frau wieder. Zusätzlich kontrolliert der Ren Mai das zeitliche Auftreten der Menstruation und steht in Verbindung zum Du Mai, dessen Yangaktivität durch den Ren Mai ausgeglichen wird. Der Du Mai wärmt über die Verteilung des Mingmen Feuers den Uterus, was vor allem in der zweiten Zyklushälfte wichtig ist. Ren, Du und Chong Mai entspringen alle dem Uterus und somit alle der gleichen Quelle, während der Dai Mai aus den Nieren aufsteigt. Alle außerordentlichen Leitbahnen sind mit dem Dai Mai verbunden.

Aus diesem Grund lässt sich über den Dai Mai auch indirekt eine Regulation auf sämtliche Funktionen der anderen drei außerordentlichen Leitbahnen erzielen. Ein häufig erwähntes Gefäß ist der Bao Mai 胞脉, der Herz und Uterus verbindet. Nach manchen Schulen handelt es sich bei ihm um einen Ast des Chong Mai, andere Schulen sehen in ihm die Verbindung von Herz, Uterus und Niere und darüber hinaus eine wichtige Rolle bei der Ovulation spielen. Alle erwähnten Gefäße stehen außerdem in einer äußerst engen Verbindung zu den Nieren. Auch wenn sie nicht alle direkt aus den Nieren entspringen, sind sie über kleinere Bao Luo, die den Uterus versorgen, indirekt mit den Nieren verbunden. Die Niere selbst geht über die Bao Luo direkte Verbindungen zum Uterus ein und versorgt ihn mit Essenzen.

Zang Fu

Wie man den meisten klassischen Rezepturen entnehmen kann, wurde der Schwerpunkt der Behandlung zur Regulation von Regelblutungen in der chinesischen Medizin ursprünglich auf die Balancierung von Qi und Blut gelegt. Heute dagegen besteht der Therapieansatz oft mehr darin, die Zang Fu zu regulieren. Im Grunde besteht die Kunst der Gynäkologie darin, diese beiden – Qi und Blut – ins Gleichgewicht zu bringen. Die Zang Fu 脏腑 übernehmen sämtliche physiologischen Funktionen im Körper. Da die Zang Qi und Blut bilden, sind auch sie bei der Betrachtung der Beziehung von Qi und Blut und der Menstruation wesentlich. Hieraus ergibt sich auch der heutige Therapieansatz, Menstruationsstörungen hauptsächlich über die Zang Fu zu behandeln.

Die wichtigsten Organe für die Bildung von Blut sind die Milz, das Herz und die Niere. Die Kontrolle über das Blut übernehmen die Organe Milz, Leber und Herz. Für diese Funktionen ist immer das Qi der entsprechenden Organe verantwortlich. Das Herz Xin 心 gilt als Herrscher über die inneren Organe. Aufgrund emotionaler Beteiligung bei gynäkologischen Problemen und in der Rolle als blutbildendes Organ ist das Herz immer mit in Betrachtung zu ziehen, da es sich auf alle Funktionen der Organe auswirken kann. Außerdem geht das Herz über den Bao Mai eine direkte Verbindung zum Uterus ein. Aus der Qing-Dynastie kommt die Idee, dass der Bao Mai zum Herzen gehört und über das Herz das Blut zum Uterus hinuntersendet.

Die Hauptquelle des Blutes ist die Milz Pi 脾. Aus überschüssigen Qi und Yin Essenz bildet sie Blut und nachgeburtliche Essenz, mit der sie wiederum die Niere anreichern kann und so zur Fruchtbarkeit der Frau beiträgt. Dies ist umso wichtiger, da die Niere ab circa vierzig Jahren erschöpft ist und der Zufuhr an Essenzen aus der Mitte bedarf. Die vorgeburtliche Quelle des Blutes ist die Niere. Mit ihren Essenzen liefert sie wichtige Bausteine zur Bildung des Blutes. Die Leber Gan 肝 reguliert die Zirkulation des Qi und speichert das Blut. Sie entscheidet, wie viel Blut im Umlauf ist und füllt den Chong Mai mit Blut auf. In dieser wichtigen Funktion als Blutspeicher wird sie von manchen alten Ärzten als der Ursprung der praenatalen Essenz (xian tian zhi qi 先天之气) bei der Frau gesehen4 , eine Bedeutung, die normalerweise der Niere zugeordnet wird.

Damit rückt die Regulierung der Leber bei allen gynäkologischen Problemen mit in den Mittelpunkt. Die Niere Shen 肾 ist der Träger des praenatalen Qi und unterstützt damit Wachstum und Reproduktivität. Sie, die mit der Leber eine gemeinsame Yin-Wurzel (Wasser-Niere) hat, fördert einerseits die Funktionen der Leber und stabilisiert andererseits durch ihre Yang-Aktivität (Feuer-Niere) die Funktionen der Milz. Leber, Milz und Niere sind damit die wichtigsten Zang in der Physiologie einer Frau.

Pathophysiologie

Um eine gynäkologische Erkrankung erfolgreich behandeln zu können, ist es in der chinesischen Medizin (TCM) oft entscheidend für die Behandlung, ob sich die Pathologie auf der Ebene des Uterus, in den außerordentlichen Leitbahnen, auf der Blut oder Qi-Ebene oder auf der Zang Fu Ebene befindet. Danach richtet sich die Auswahl der Kräuter und entsprechend auch die Rezepte. Wie bereits oben erwähnt, hat der Uterus mit der Ausscheidung und Speicherung zu tun. Störungen im Uterus zeigen sich bei häufiger auftretenden Fehlgeburten, Amenorrhoe und einem zu kleinem Uterus (ein in China häufiger auftretendes Krankheitsbild).

Hierzu noch ein Beispiel: Ein typisches Bild für die Störung in der Gebärmutter selbst sind Verletzungen am Endometrium, wie sie durch eine Kürretage oder Abrasio bedingt auftreten könne. Ein typisches Rezept hierfür wäre das Rp: Yang Gong Tang (Das die Gebärmutter kultivierende Rezept)5 bestehend aus Dang Gui 10g, Bai Shao 10g, Chong Wei Zi 10g, Zi He Che 10g, Shan Yao 10g, Shu Di Huang 10g, Tu Si Zi 10g, Rou Cong Rong 10g, Gui Ban 15g, Bie Jia 15g, Qian Cao Gen 15g, und Shan Zha 10g. Um Pathologien an der Gebärmutter selbst von den außerordentlichen Leitbahnen abzugrenzen, die ja den Uterus versorgen, sind systemische Zeichen, die begleitend auftreten, entscheiden. Sind diese von einer Störung betroffen, zeigen sich die Pathologien im Verlauf der Leitbahnen.

Deutlich wird das zum Beispiel bei einer Akne oder Aphten im Mundbereich, die sich durch aufsteigende Hitze im Chong Mai verstärkt vor der Menstruation zeigt. Das Rp: Wen Jing Tang (Wärme die Menses Dekokt), bestehend aus Wu Zhu Yu 9g, Gui Zhi 6g, Dang Gui 9g, Chuan Xiong 6g, Shao Yao 6g, E Jiao 6g, Mai Men Dong 9g, Mu dan Pi 6g, Ren Shen 6g, Gan Cao 6g, Sheng Jiang 6g und Ban Xia 6g ist ein typisches Chong Mai Rezept.

Die Außerordentlichen Meridiane wiederum werden von Qi und Blut unterstützt, Qi und Blut sind von der Aktivität der Zang Fu abhängig. Das Rezept Rp: Dang Gui Shao Yao San (Radix Angelicae Sinensis und Radix Paeoniae Pulver) mit Dang Gui 9g, Shao Yao 48g, Fu Ling 12g, Bai Zhu 12g, Ze Xie 24g und Chuan Xiong 9g ist ein typisches Qi und Blut regulierendes Rezept, während beispielsweise Rp: Ren Shen Yang Ying Tang (Radix Ginseng Dekokt zur Nährung der Nähr-Qi) bestehend aus Bai Shao 9g, Dang Gui 3g, Chen Pi 3g, Huang Qi 3g, Rou Gui 3g, Ren Shen 3g, Bai Zhu 3g, Zhi Gan Cao 3g, Shu Di Huang 2,5g, Wu Wei Zi 2,5g, Fu Ling 2,5g und Yuan Zhi 1,5g mehr auf der Zang Fu Ebene arbeitet.

Bei der Anwendung müsste sich eine Blutschwäche gemeinsam mit Milz- und Herzleereleerezeichen wie verminderten Appetit, Palpitationen, Müdigkeit, Atemnot und Vergesslichkeit zeigen. Auch wenn heute oft die Niere tonisiert wird, um die Außerordentlichen Meridiane zu beeinflussen, kann eine weitere Differentialdiagnose zu besseren Behandlungsergebnissen führen. Trotzdem: die Niere eine entscheidende Schaltstelle in der Gynäkologie. Durch ihre enge Verbindung zur Leber und zur Milz, ihre Regulation zum Öffnen und Schließen der Gebärmutter betont ihre wichtige Rolle in der Behandlung von Frauen mit gynäkologischen Beschwerden.  

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